„Neftalí war froh, dass er den Wald auf eigene Faust erkunden durfte. In andächtigem Staunen machte er die ersten Schritte. Und obwohl er brav in der Nähe des Zuges blieb, hatte er plötzlich das Gefühl, unter der Kuppel eines riesigen Doms zu stehen, in einer Welt ohne Himmel.
Nach ein paar weiteren zögernden Schritten blieb er erneut stehen und staunte über all das Neue, was er sah: die Unterseiten gewaltiger Wedel, die leuchtenden Flügel von Insekten, die Vogelfedern und die Schoten, die von dem Baldachin über seinem Kopf baumelten. Er stopfte seine Taschen voll mit Zweigen und glitschigen Rebhuhneiern. Er drehte tote Äste um und entdeckte Mulden, in den Spinnen zu Hause waren.
Den ganzen Vormittag über streifte Neftalí durch diese fremde Welt und schwelgte in den Gerüchen von feuchtem Laub, wilden Kräutern und Zimt. Mit einem Stöckchen räumte er ein Stück Erde frei, um darauf zu schreiben. Genüsslich flüsterte er den Bäumen die Wörter zu, die er gerade schrieb, und freute sich über die rhythmischen Laute, die über seine Lippen kamen.
Er schaute sich um, um sich zu vergewissern, dass niemand in der Nähe war. Wenn Vater ihn sah oder hörte, dass er vor sich hin murmelte, würde er ihn erst recht für einen Träumer halten! Tat er etwas Falsches?
Er wischte die Wörter weg und verteilte mit den Füßen wieder Blätter über der Stelle.“
(Pam Muños Ryan: Der Träumer.)
Mein digitaler Adventskalender
Jeden Tag ein Türchen mit Zitaten aus Büchern, die mich berührt und inspiriert haben.