Indien // meine ersten Eindrücke

Im Dezember 2008 begann meine zweimonatige Reise nach Indien. Nie zuvor besuchte ich dieses Land, über das ich schon so vieles gehört hatte. Mit großer Vorfreude, Neugier auf alles Neue, etwas gesundem Bammel und einer gut ausgestatteten Reiseapotheke machte ich mich auf die Reise.

Ich flog von Berlin nach London. Schon in Heathrow am Gate, wo ich in den Flieger nach Bangalore einsteigen sollte, bekam ich eine kleine Vorahnung, was mich erwarten würde: Um mich herum standen fast ausschließlich indisch aussehende Menschen. In bunte Saris und Tücher gehüllt unterhielten sich lautstark oder schliefen auf dem Fußboden. Ich fühlte mich etwas verloren.

Plötzlich hielt mir ein kleiner Junge eine Chipstüte hin. Er sah mich mit großen, dunklen Augen an. Seine Mutter bedeutete mir, ich solle Chips nehmen und zu ihnen kommen. Als ich inmitten der indischen Großfamilie auf dem Flughafen saß, wurde ich mit großen Augen angeguckt und Fragen gelöchert: „Are you travelling alone?“, „What do you want to see in India?“, „How long you wanna stay?“, „Do you have friends in India?“ …

Ich erzählte, dass es meine erste Reise nach Indien sei, ich hauptsächlich den Süden bereisen wolle, zehn Wochen bleiben würde und über einige Ecken ein paar Inder kennen. (Es erschien mir zu kompliziert zu erklären, dass es sich um Couchsurfer handelte.) Mit etwas Verspätung bestiegen wir dann das Flugzeug.

Etwa neun Stunden später kam ich müde und gleichzeitig hellwach in Bangalore an. Es war halb sechs am Morgen als ich endlich meinen Rucksack hatte. Für die ersten drei Nächte wollte ich bei der Couchsurferin Sabita übernachten. Ich kannte den Weg zu ihrem Haus nicht und mein Handy ließ sich seit der Landung einfach nicht mehr anstellen. Kaum aus dem Flughafengebäude getreten wurde ich von vielen Indern gefragt, ob ich ein Taxi brauche: „You need car, ma’am?“, „Where you wanna go? I will bring you!“ Sehr zögerlich und skeptisch sah ich mich um und fragte dann einen der Männer, ob er wisse, wo ich telefonieren könne. Er wollte wissen, ob es ein Ortsgespräch sei. „Yes. I will call a friend here in Bangalore.“ Lächelnd reichte er mir sein Handy. Ich rief Sabita an und übergab das Gespräch dann an den Taxifahrer – wie hilfreich und notwendig diese Art der Kommunikation in Indien für mich war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Der Fahrer sprach mit Sabita und nickte mehrmals: „Acha, acha.“

Wenige Minuten Später saß ich in dem Taxi. Ich öffnete das Fenster und die schwül-warme Luft von draußen mischte sich mit dem Rauch des Räucherstäbchens, das auf dem Armaturenbrett im Taxi abbrannte. Wir fuhren durch Vororte und Bangalore. Ich konnte meinen Augen kaum trauen. Tatsächlich. Obwohl die Sonnenstrahlen sich ihren Weg durch den Smog noch nicht erkämpft hatten, war alles bunt: Tempel, Gemüsestände, die Kleider der Menschen und die bunt bemalten Traktoren. Zudem bestätigten sich die Prophezeiungen über den indischen Straßenverkehr. Es gab keine Regeln. Die Fahrer hupten und brüllten und fuhren auf den unbefestigten Straßen viel zu schnell. Ich hatte Angst, dass es zu einem Unfall zwischen den Rikschas, Bussen, Traktoren, Eselkarren, Fahrrädern, Fußgängern oder Kühe kommen könnte. Staunend und etwas bangend verging die Taxifahrt wie im Flug und ich kam übermüdet, unfallfrei und glücklich bei Sabita an.

(März 2009)

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