„Frau Grieshabers Küchentisch stand direkt unter dem Souterrainfenster. Wenn sie auf ihrem Küchenstuhl saß, auf den sie in dickes Kissen gelegt hatte, konnte sie durch das Fenster auf die paar Steintreppen sehen, die zur Haustüre des Rückgebäudes führten. Sie sah immer nur die Schuhe und Beine der Leute, die hinein oder heraus gingen; sie erkannte fast jeden Hausbewohner an seinen Schuhen oder Beinen. Der alte Groll zum Beispiel trug immer nur schwarze Stiefel und hinkte ein bisschen, weil er einen kürzeren Fuß hatte. Die Groll-Tochter, die Traudel, erkannte sie an ihren strammen Wadeln und an ihrem schnellen Gang. Die Quirin Bobbi erkannte sie an den schlanken Beinen und an den Schuhen mit hohen Absätzen. Die alte Frau Gaisberger war leicht an ihrer grünen Gießkanne zu erkennen, die sie fast immer dabei hatte. Der Frau Kazmarek ihre großen Füßen steckten meist in ausgetretenen braunen Schnürschuhen, von denen jeder Schuh zwei radieschengroße Frostbeulenausbuchtungen hatten. Bei den jungen Burschen war es nicht so einfach, die hatten meist ähnliche Schuhe an. den Hafner Wigg kannte sie, weil er immer zwei Stufen auf einmal nahm. Den Benzinger Robert und den Quirin Xaver hatte sie schon öfters verwechselt. Die zwei hatten fast das gleiche Gangwerk und meist auch noch die gleichen Schuhe. Wenn Frau Grieshaber auf ihrem Küchenstuhl am Souterrainfenster saß, hockte die Centa meist auf ihrem Schoß und schnurrte, während der Kater Biwi wie ein Katzendenkmal auf der Anrichte in der Nähe des Ofens hockte und seine Krallen über den hölzernen Rand hängen ließ.“
(Artur Troppmann: Die Leute aus dem 30er Haus.)
Mein digitaler Adventskalender
Jeden Tag ein Türchen mit Zitaten aus Büchern, die mich berührt und inspiriert haben.