Kathryn Evans: EINZIG // Das sich spiegelnde Doppelbild des Buchcovers und der Klappentext erfassen den Kern des Jugend-Thrillers von Kathryn Evans: Ein 16-jähriges Mädchen hat nur 365 Tage zu leben, da danach eine andere ihr Leben weiterlebt. Eine neue Version ihrer selbst.
Die Idee ist so einfach wie genial: Das Mädchen Teva Webb wird quasi nicht älter. Jedes Jahr entsteht eine neue Version aus ihr selbst heraus. Diese neue Teva lebt das Leben weiter, während alle alten Versionen ihr weiteres Leben eingesperrt verbringen müssen, ohne älter zu werden.
Ausgeschmückt wird die Geschichte mit dem Alltag eines Teenie-Mädchens. Auseinandersetzungen mit der Mutter und dem eigenen, vielfachen Ich, der tägliche Schulweg mit der besten Freundin, Social Media, Schulevents, Liebeskummer, Eifersucht und die Frage nach einem späteren Studium werden so realistisch beschrieben, dass sie in einem unterhaltsamen Kontrast zur absurd-fiktiven Grundidee des Buches stehen.
Nur was passiert, wenn sich eine Teva-Version verliebt, Freunde und Spaß am Leben hat, dann aber qualvoll miterlebt, wie eine neue Version nach einem Jahr ihr Leben übernimmt und Zeit mit ihrem Freund verbringt, während sie eingesperrt zu Hause ist?
Und was passiert, wenn sich eine Version vornimmt, die Zukunft eben nicht einer neuen Version des eigenen Ichs zu überlassen?
Wo Jugendliche die Geschichte vermutlich mit großer Spannung verfolgen, fragt sich der erwachsene Leser womöglich, wie das überhaupt alles funktionieren soll? Das Wissen um die Unmöglichkeit dieser Geschichte lenkt die Spannung zu der Frage, wie die Autorin Evans das Ende ihres Thrillers gestaltet hat.
Fazit: Das für Jugendliche ziemlich dicke Buch (über 360 Seiten) begeistert durch eine tolle Idee und eindrückliche Beschreibung des Gefühlslebens der 16-jährigen Teva. Ihre Verzweiflung und Einsamkeit ist fesselnd und maßgeblich für diese Science-Fiction-Geschichte, die dann aber leider zu realitätsnah aufgelöst wird und letztlich doch ein offenes Ende hat.
Flurlektüre
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